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Freud ging davon aus, dass Psychotherapie keine relevanten Nebenwirkungen haben könne. Inzwischen gibt es eine umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema, die zeigt, dass Psychotherapie häufig mit Nebenwirkungen einhergeht, die auch relevant und überdauernd sein können (Linden & Strauss, 2018).
Bei der klinischen wie wissenschaftlichen Erfassung von Nebenwirkungen gibt es in der Psychotherapie einige Sonderprobleme. Dazu gehört die Abgrenzung zu Therapieversagen, Hauptwirkungen (z.B. Scheidung) und Kunstfehlerfolgen, das Fehlen von Erfassungsinstrumenten oder auch ein Wahrnehmungsbias von Therapeut:innen.
Nebenwirkungen sind definiert als (a) unerwünschte Ereignisse, die sowohl die unmittelbare Krankheitssymptomatik wie auch Änderungen in den Lebensbedingungen der Patient:innen betreffen können, (b) bei denen ein kausaler Bezug zur Therapie besteht, (d) und bei denen die Therapie nach den geltenden Fachregeln korrekt durchgeführt wurde (Linden 2013).
Es gibt Nebenwirkungen, die bei jeder Therapie auftreten (z.B. psychische Belastung durch Problembesprechung, Offenbarung eigener Probleme gegenüber einem Dritten) und es gibt Nebenwirkungen spezieller Interventionsmethoden (z.B. Angstverstärkung durch Exposition, Induktion von False Memories, inadäquate Problemlösungen).
Da Nebenwirkungen in der Psychotherapie ein häufiges Phänomen sind, müssen sich Therapeut:innen dessen bewusst sein, um darauf adäquat reagieren zu können. Ein kontinuierliches Nebenwirkungs-Monitoring muss daher Teil jeder Behandlung sein. In der Therapeut:innenausbildung und speziell der Fallsupervision sollten Nebenwirkungen ein regelmäßiger Fokus sein.